25 Jahre Mauerfall

Heute lag die Bildzeitung im Briefkasten. Danke, Herr Diekmann. Warum auch immer. Was hat Simone Thomalla in einem chaotisch eingerichteten Zimmer mit der DDR zu tun? Häh? Da wird der Zerrspiegel aufgebaut, bissel Sepia und Emotion rein - und go. Flüchtig geblättert. Zu laut - zu bunt.
Aber das Thema ist momentan überall und ich fühle mich in dieser Erinnerungswelle an die DDR irgendwie nicht wohl.
Für jeden und alles gibt es eine Stimme, für die Kämpfer, für die Opfer, für die Ewig-Gestrigen, für die Täter. Als wolle man es jedem recht machen.
Komisch, ich muß abschalten, wenn ich diese Interviews sehe. 1989 - wieviele Leute haben mir damals gesagt: Was ihr immer nur im Westen wollt? Das Wort Freiheit hat damals schon vielen mehr Angst gemacht.
In meinem privaten Umfeld wollten gar nicht soviele weg. Sie hatten sich in der Nische eingerichtet.



Und so sind es die leisen Stimmen, die mir begegnen und die mich stutzig machen. Wenn ich einem unverdächtig bin, dann beim Thema Frauenrechte. Ich war immer der Meinung, daß Frauen keine Quote brauchen und Familien kein Erziehungsgeld. Doch meine Beobachtung der Mehrzahl der Frauen in Westdeutschland wich deutlich vom Frauenbild in der DDR ab. Und welche Diskussionen habe ich in den Zeiten meiner kurzen politischen Aktivität geführt zum Thema "Rabenmütter".

DDR-Frauen sind Frauen, die von der Schule ab sehr selbstbewußt ihren Weg gegangen sind. Normalität in der DDR. Selbstverdientes Geld und auch gesellschaftliche Anerkennung. Dieses "nur" eine Frau war gesellschaftlich verpönt.
Aber: Meine Mutter hat mir immer gesagt: Ich hatte zwar viele Auszeichnungen - aber mich hat keiner gefragt, wie ich das geschafft habe, mit drei Kindern und einem Vollzeitjob in Leitungsfunktion. Auch wieder wahr. Und doch sie war in ihrem Leben immer unabhängig. Ein Leben lang bei einem Mann zu bleiben, nur weil er vielleicht Geld hatte - undenkbar.
Heute? Frauen werden in schlecht bezahlte Berufe gedrängt und ich kenne viele, deren Stolz ein Stück gebrochen ist, weil in den Berufen auch jegliche Wertschätzung fehlt. Man mag über den Auszeichnungswahn in der DDR lachen - aber die Monatsrechnung sollte nicht alles sein, was einen Arbeitnehmer mit einem Unternehmen verbindet. "Mach Dir keine Illusionen, Annette" hier ist reiner Kapitalismus. Die Vokabeln haben alle noch gut drauf.

Das Thema war eigentlich fast weg für mich, als mir letzte Woche ein Text begegnete, indem eine heutige Akademikerin davon erzählt, daß sie aus sehr einfachen Verhältnissen mit viel Fleiss ihren Weg in der DDR gehen durfte. Einer gleichaltrigen Cousine im Westen, die auch gern lernte, ein Studium verwehrt blieb, weil man sagte, das schicke sich nicht für eine Frau und sei auch unnötig. Sofort entstand in der Runde eine Diskussion darüber, daß man gehört habe, daß nach Wende es bei vielen Spitzenjobs verpönt war, daß die Ehefrauen arbeiteten.
Ich merke, daß ich im Osten lebe. Die Diskussionen sind andere, als ich sie aus Süddeutschland kenne.
Es fällt auch gar nicht so schwer, im Meinungssturm mal still zu sein. Das sind die Meinungen der Menschen hier. Man muß sie da abholen, wo sie stehen, und nicht wo man sie gern hätte.
Es gibt keine einfachen Wahrheiten.


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