September

Seit wenigen Minuten ist 1. September. Weltfriedenstag.

Ich denke an meinen kleinen Bruder. 1989 habe ich ihn mit eingeschult. Das Wendejahr. 1. September 1989, aufgeregte Kinder mit Schultüten in der Karl-Marx-Oberschule 2 in Weimar. Tim, verzeih mir dieses Foto.
Vorhin kam eine Reportage zum 11. September 2001. Und man spürte, das nichts mehr so sein würde, wie es war. Und jeder erinnert sich an den Moment, als er die Nachricht von dieser Katastrophe erhielt. Ich war in Berlin. Mein Bruder hatte gerade mit RTL telefoniert. Am anderen Ende der Leitung herrschte Panik, Kollegen telefonierten gerade mit New York und man hatte mitbekommen, daß irgendwas war. Mein Bruder kam zu mir, ich solle doch mal recherchieren. Aber alle Server der amerikanischen Zeitungen und Nachrichtendienste war total überlastet. Und dann ein Nachrichtenfenster: dieser schreckliche Anschlag. Ich habe gleich in Pfinztal angerufen - dort wußte man noch nichts. Keiner wollte das Unfassbare glauben.
Fast den ganzen Nachmittag saßen wir in O.'s Büro und sahen mit Entsetzen die Bilder.

Das ist alles soweit weg - wie der Weltfriedenstag - und wie die Wagnergasse - damals unsere Studentenbude für 8 Ostmark Miete im Monat, hier lebte einst - der Legende nach - der Henker von Weimar. Heute ist das Haus verlassen, die Fenster sind vernagelt. Manche Dinge kommen nicht mehr zurück. Wie Christiane, die mit ihrer Familie, ebenfalls in der Wagnergasse lebte. Christiane war ein Original. Schon zu DDR-Zeiten hatte sie an ihrem Fahrrad ein Schild "Mobil ohne Auto". Sie war in Weimar bekannt für ihre Scherenschnitte. Christiane lebt nicht mehr - aber meine Erinnerung an eine große und starke Frau.
Im Untergeschoss lebte damals ein Typ, dessen Namen ich nicht mehr weiß. Er hörte in Überlautstärke alte Hitlerreden. Völlig irre. Er habe historisches Interesse sagte er uns damals.
Wir haben damals Wände eingerissen, Lehm angerührt und gebaut und gestrichen. In den Farben der Goethezeit. Noch heute kann man von aussen die grünen Fensterfarbe erkennen - auch wenn es nicht mehr der "richtige" Grünton ist.

Und was gibt es sonst so am heutigen 1. September? Nach dem Verbot der 100-Watt-Birnen vor einem Jahr kommt jetzt vom 1. September an das Aus für die Glühlampen mit 75 Watt Leistung innerhalb der Europäischen Union. Damit tritt die zweite Stufe des Glühlampenausstiegs in Kraft. Dann dürfen keine neuen 75-Watt-Glühlampen mehr in den Handel gebracht werden. Im Jahresabstand werden noch die 60-Watt- sowie schließlich die 40- und 25-Watt-Birnen vom Markt genommen.

Wagnergasse 28, Weimar, 1.9.89

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